»Urgency and Agency«

»Es geht um Dringlichkeit und Handlungsmöglichkeiten« sagt Dr. Michael E. Mann in einer Keynote beim diesjährigen Berlin Energy Transition Dialogue (BETD). Ebenso wie bei anderen Vorträgen und Plenardebatten, wurde die Rede per Livestream öffentlich übertragen, und steht weiterhin online zur Verfügung. Der Professor für Atmosphärenwissenschaft und Direktor des Earth System Science Center an der Penn State University apelliert an die Zuhörerschaft: »Wir müssen handeln, denn die Auswirkungen des Klimawandels werden spürbar. Wir können die schlimmsten Auswirkungen verhindern, wenn wir jetzt mutig voranschreiten.« Die Lösungen müssten skaliert werden, wie der Einsatz von Anlagen zur Nutzung Erneuerbarer Energien. »Dann werden die CO2-Emissionen auch sinken«, erklärt der Klimawissenschaftler.

Die Herausforderungen sind größer geworden

Im BETD-Vortrag macht er auf bisherige Hindernisse für die Energiewende aufmerksam: Jahrzehntelange Kampagnen von Kohle-, Öl- und Gaskonzernen, mit einem Budget von mehreren Millionen Dollar, um Klimaschutzmaßnahmen zu verzögern und den Status quo der fossilen Brennstoffe zu verteidigen. Davon handelt auch sein neuestes Buch: »The New Climate war: The fight to take back our planet«. In der Keynote weist Mann auf Prognosen aus dem Jahr 1982 hin, die sich auf die Erhöhung der durchschnittlichen globalen Temperatur auf der Erde beziehen, als Folge des Anstiegs der CO2-Emissionen in der Atmosphäre. Diese Schätzungen hatten Wissenschaftler des Unternehmens Exxon Mobile durchgeführt und in einem internen Bericht zusammengefasst. Mann sagt: »Exxon Mobile und andere Unternehmen wussten, dass es ein Problem gab und sie wollten unabhängige Klimawissenschaftler diskreditieren, die vielleicht zu den gleichen Schlussfolgerungen kommen würden.« Das sind die sogenannten Climate Wars – ein Kriegszustand in der Klimadebatte – mit Fronten wie Ablenkungsmanöver, Verzögern, Weltuntergangsdenken oder das Spalten der Klimaschutzbewegung. Hätte die Weltgemeinschaft bereits vor Jahrzehnten gehandelt, als »auch fossile Unternehmen wussten, dass wir ein Problem haben, dann wäre es einfach gewesen, unsere CO2-Emissionen rechtzeitig zu reduzieren, um die Temperatur unter 1,5 °C zu halten«. Jedoch, da wir lange nicht gehandelt haben, müssen die Treibhausgase nun »sehr viel schneller reduziert werden«, so Mann.

Wann ist ein »grüner« Strukturwandel grün?

Im Anschluss an Manns Vortrag fand das Panel »Economics of Green Structural Change« statt, moderiert von der US-amerikanischen Journalistin Dr Melinda Crane. Neben Mann nahmen der ukrainische Energieminister Yuriy Vitrenko, die stellvertretende Vorsitzende des kanadischen Thinktanks Institut für nachhaltige Entwicklung (IISD) Jane McDonald und der argentinische Energieminister Darío Martínez teil. Auf die Nachfrage nach den erforderlichen Transformationen struktureller Art sagte Mann, dass die globalen Treibhausgase weltweit in den nächsten zehn Jahren halbiert werden müssten. Zudem sei die Infrastruktur für fossile Brennstoffe zu lange subventioniert worden. Deshalb sollten wir die Finanzierung neuer Infrastruktur für fossille Brennstoffe stoppen. Generell brauche es politische Maßnahmen, die zu einer schnellen Dekarbonisierung führen. Ich bin optimistisch, dass wir das schaffen können, sagt Mann. Es gehe dabei darum, die Welt nicht zu zerstören für zukünftige Generationen. Neben der Jugendklimabewegung gebe es auch Verbündete, »an Orten wo man sie gar nicht vermutet«, etwa in der Rückversicherungsbranche. Die Personen mit Entscheidungsbefugnis in der Rückversicherungswirtschaft erkennen »welche Kosten auf sie zukommen, wenn wir nichts machen«. Beispielsweise die treuhänderische Verantwortung der Manager von Pensionskassen: Sie »sind gegenüber den Kunden dafür verantwortlich, keine Investition zu unterstützen, die den Interessen des Kunden schaden«, und überdenken konsequenterweise die bisherige Unterstützung des fossilindustriellen Machtkomplexes.

Das neue Buch von Michael E. Mann ist nun auch auf Deutsch erhältlich: »Propagandaschlacht ums Klima«. Das Vorwort zur deutschen Ausgabe hat Professor Volker Quaschning geschrieben, das Nachwort der Meteorologe Özden Terli . Beide hatten kürzlich in einer neuen Folge von »Klartext Klima« mit Professor Stefan Rahmstorf und der Klimaschutzaktivistin Carla Reemtsma über Klimagerechtigkeit und weitere Themen gesprochen.

Das Buch kann direkt bestellt werden: https://www.dgs-franken.de/bestellungen/. Eine Leseprobe ist unter diesem Link verfügbar.

Propagandaschlacht ums Klima
Wie wir die Anstifter klimapolitischer Untätigkeit besiegen
Im Original: The New Climate War (von Michael E. Mann)
In der deutschen Übersetzung von
Matthias Hüttmann, Tatiana Abarzúa und Herbert Eppel
Verlag Solare Zukunft, ISBN 978-3-933634-48-1,
1. Auflage 2021, 440 Seiten,
D: 29,00 € (AT: 29,80 EUR, CH: 33,80 SFr)

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