Welche Rahmenbedingungen sichern den Ausbau von Solar- und Windenergie?

Erneuerbare Energien | In Deutschland haben im erstem Halbjahr dieses Jahres Solar- und Windenergieanlagen mehr Strom produziert als Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke: 92 Terrawattstunden vs. 79 Terrawattstunden. Diese Entwicklung veranschaulicht die bisher erreichte Erhöhung des Anteils der Erneurbaren Energien im Stromsektor. Den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien, und folglich auch das Erreichen der Klimaschutzziele, betrachten Vertreter von Forschungsinstituten und Branchenverbänden als gefährdet.

Nach Meinung des Forschungsverbunds Erneuerbare Energien (FVEE) ist der weitere Ausbau der Photovoltaik aufgrund fehlender politischer und regulatorischer Rahmenbedingungen gefährdet. Hierbei beziehen sie sich auf die durch die Bundesregierung eingeführte Grenze für die Vergütung von Solarstrom. Diese stellte eine von mehreren Gesetzesänderungen dar, die in der PV-Novelle des EEG 2012 beschlossen wurden. Auf Grundlage dieses Gesetzes werden Betreiber von neuen Photovoltaikanlagen keine Vergütung mehr für den produzierten und ins öffentliche Stromnetz eingespeisten Solarstrom erhalten sobald in Deutschland 52 Gigawatt an PV-Anlagen gebaut sind. Diese kumulierte Anlagenleistung wird nach Ansicht der bundesweit kooperierenden Forschungsinstitute und des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) nächstes Jahr erreicht. In einer Anfang September veröffentlichten Stellungnahme argumentiert der FVEE, dass die 52-GW-Grenze »dem erforderlichen massiven Ausbau der Photovoltaik und damit auch den deutschen Klimaschutzzielen diametral entgegen« laufe. Solarstrom, der nicht lokal verbraucht werden kann, solle auch nach Erreichen von 52 GW installierter Leistung ins Netz eingespeist und vergütet werden, so der FVEE. Daher empfiehlt der Forschungsverbund »so schnell wie möglich eine Anschlussregelung zu finden, die den für die Klimaschutzziele erforderlichen Solarausbau sichert«.

Ähnlich argumentierte der Branchenverband BSW am Montag in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin und die Bundesminister (»Appell an das Klimakabinett«). Joachim Goldbeck, Präsdent des BSW, schreibt dort: »Es besteht hierbei sofortiger Handlungsbedarf, da der Solardeckel aufgrund aktuell schon beobachtbarer Vorzieheffekte bereits Mitte nächsten Jahres erreicht werden dürfte. Nach übereinstimmender Aussage der Solarbranche und von Regierungsgutachtern würde dies zu einem massiven Rückgang der Neuinstallationen von verbrauchsnahen Solarstromanlagen auf Gebäuden führen und damit die Anstrengungen der Politik zur Umsetzung der Klimaziele konterkarieren«.

Für den Zeitraum bis zum Jahr 2050 muss laut FVEE jährlich eine Anlagenleistung von rund neun Gigawatt neu installiert werden. Dieser Zubau entspreche einem Ausbauziel von 300 GW – das mittlere Ziel aktueller modellbasierter Szenarien. Die modellierten Ausbaupfade liegen zwischen 120 und 500 GW, so der Forschungsverbund. Betreiber von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien erhalten eine Vergütung für den Strom, den sie in das öffentliche Stromnetz einspeisen. Die Grundlage dafür ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), welches 2000 verabschiedet und in den vergangenen Jahren mehrmals novelliert wurde.

Auch bei der Windenergie hat die Politik einen weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien eingeschränkt. Durch die Einführung von Ausschreibungen und Abstandsregelungen wurde die Planung und Realisierung von Windenergieanlagen erschwert. Der Windenergie-Verband World Wind Energy Associaton und der Landesverband Erneuerbare Energien NRW haben vergangene Woche eine Studie auf der Messe Husum Wind vorgestellt. Nach Ansicht der Autoren von »Bürgerwind im Ausschreibungsmodell: Eine Bilanz« befindet sich die Windenergie in Deutschland »in einer tiefen, politisch herbeigeführten Krise«. Zudem benötige die Windenergiebranche und speziell die Bürgerenergie dringend vertrauensbildende Maßnahmen »pro Klimaschutz, pro Erneuerbare Energien und pro Windenergie«. Eine Empfehlung aus der Studie ist: »Ein klares Bekenntnis zum vollständigen Wechsel hin zu den Erneuerbaren Energien mit Windenergie als einer tragenden Säule und als grundlegender Teil einer wirksamen Klimaschutz-Strategie«. Zudem schlagen die Autoren vor, dass der Vorrang für Erneuerbare Energien in ein nationales Klimaschutzgesetz aufgenommen werde, beziehungsweise in Verfassungsrecht auf Landes- und Bundesebene. Ein weiterer Vorschlag umfasst die Schaffung eines nicht-diskriminierenden Vergütungssystems außerhalb von Ausschreibungen und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welches das oberste rechtsprechende Organ der Europäischen Union ist.

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